Burnout und Depressionen in Hamburg gestiegen

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Die psychische Belastung durch Stress nimmt in Hamburg zu, ergibt eine statistische Auswertung. Wer ist besonders betroffen? Und was ist zu tun?

Ob Stress durch zu hohe Anforderungen, Überstunden, Pendeln, Mobbing oder auch Arbeitssucht: Der Job bringt immer mehr Menschen in Hamburg psychisch ans Limit. Das hat eine Auswertung unter berufstätigen Versicherten der KKH Kaufmännische Krankenkasse ergeben. Demnach stellten Ärzte 2018 im Stadtstaat rund 5.000 Diagnosen aufgrund seelischer Leiden wie Angststörungen und Depressionen. Gegenüber 2008 bedeutet das einen Anstieg von rund 30 Prozent. Damit liegt Hamburg zwar unter dem Bundesdurchschnitt von plus 40 Prozent, dennoch zeigt das deutliche Plus, dass psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz immer mehr zum Problem werden. Den größten Leidensdruck im Job haben offenbar Berufstätige in Sachsen-Anhalt (plus 66 Prozent), den geringsten Anstieg registriert die KKH in Niedersachsen (plus 26 Prozent).

Der Job schlägt vor allem Frauen, aber zunehmend auch mehr Männern auf die Seele: Jede sechste Arbeitnehmerin in Hamburg erhielt 2018 die Diagnose Depression. Unter den männlichen Kollegen war es hingegen jeder Zwölfte. Auch von Angststörungen, Anpassungsstörungen (depressive Reaktionen aufgrund körperlicher und seelischer Belastungen) und somatoformen Störungen (körperliche Beschwerden, die keine organische Ursache haben) sind deutlich mehr Frauen als Männer betroffen. Allerdings ist bei einigen Erkrankungen der Anstieg bei den Männern deutlich größer.

„In der Regel sind es meistens die Frauen, die sich neben dem Job um Kinder, Haushalt und zu pflegende Angehörige kümmern”, nennt Jana Acker, KKH-Expertin für Psychologie und Stressreduktion einen der Gründe für den großen Frauenanteil bei psychischen Leiden. Eine andauernde Doppelbelastung könne krank machen. Bei Männern hingegen sind die Ursachen für Dauerstress häufig rein beruflicher Natur. „Viele Männer wollen in ihrem Job die Nummer eins sein beziehungsweise meinen, die Nummer eins sein zu müssen. Dieser Druck hat offenbar in den vergangenen Jahren zugenommen – insbesondere aufgrund der Digitalisierung und der damit verbundenen ständigen Erreichbarkeit“, erläutert die Expertin. So könne nicht nur Überbelastung, sondern auch selbst auferlegte Arbeitssucht zu einer Depression und weiteren psychischen Leiden führen. Der starke Anstieg sei darüber hinaus darauf zurückzuführen, dass seelische Erkrankungen bei Männern nicht mehr ein so großes Tabuthema sind wie noch vor etlichen Jahren und es deshalb auch mehr Diagnosen gebe.

Alarmierendes Erkennungszeichen einer Depression ist mitunter: völlige Erschöpfung. Aufstehen, Duschen, Kaffee kochen – all das, was sonst selbstverständlich zum Alltag gehört, wird immer mehr zur unüberwindbaren Kraftanstrengung. Wer einen Hausarzt hat, dem er vertraut, sollte das Thema so früh wie möglich ansprechen – am besten schon, wenn die ersten Symptome wie Schlafstörungen auftreten. „In einfacheren Fällen kann bereits ein Seminar oder ein Coach zum Thema Zeit- und Selbstmanagement helfen“, rät Jana Acker.