- Seit Jahren schreibt Verleger Wolfgang E. Buss Kolumnen, die nicht allen gefallen: Zu kritisch, zu wenig angepasst, zu wenig Respekt vor den Autoritäten, kein Kniefall vor dem Mainstream! Trotzdem bekommt er von zahhlosen Leserinnen und Lesern sehr viel Lob!
FARBEN LEHRE
Wunderbare Anwesen, schönste Landschaften und mediterranes Klima machten das Leben paradiesisch. Im südlichen Afrika hatten es sich Briten, Holländer und Deutsche herrlich eingerichtet. Eine Gruppe von gerade einmal zehn Prozent Weißen konnte es sich auf Kosten der „restlichen“ Bevölkerung bequem machen. Es herrschte nicht nur Rassismus, sondern die viel perfidere Form der Apartheid. Ich erinnere mich gut, als ich mich als junger Hamburger in den achtziger Jahren aufmachte, das Land zu verstehen. Die Macht P.W. Bothas schien fest verankert, es herrschte das „Group-Areas-Act“, ein Gesetz, das es ermöglichte, die schwarze Bevölkerungsmehrheit wie in Isolationshaft zu halten. In „Soweto“, dem größten „Township“ der Welt, lebten 1,5 Millionen Menschen. Ich musste es als Weißer abends bei Androhung von Strafe wieder verlassen. Ich erinnere meine Empörung. Doch dann folgte das Aufbegehren der Schwarzen. Der Häftling und wunderbare Nelson Mandela wurde Präsident von Z.A. Allerdings: Die Hoffnungen, dass Rassismus, Hass und Unterdrückung, bisher durch die zehn Prozent Weißen, plötzlich überwunden seien, schwand schnell. Die Enttäuschung war umso bitterer. Denn der gleiche systemische Rassismus und Hass unter den plötzlich auflebenden Fehden der vielfältigen Stammesgesellschaften war bitterer, als was sie unter den Weißen erfahren mussten. Die neuen schwarzen Führer beuteten ihre eigene Bevölkerung noch brutaler aus. Und eine weitere Rangordnung festigte sich: 1. Der Mann, weit darunter die Frauen und am Ende die rechtlosen Kinder. Unterdrückung pur. Und wenn die Menschen aus Afrika nach Europa streben, weil das rassisch-ethnische Gemetzel im Kongo noch grausamer ist als in Z.A., haben sie den Traum, hier auf eine homogene Gesellschaft zu treffen. Doch weit gefehlt: Sie kommen, meist illegal, in eine zutiefst gespaltene Gesellschaft, in der es zwar keine rivalisierenden Stammesgesellschaften gibt, dafür aber tiefen Hass durch Sozialneid. Während eines G-20-Gipfels in Hamburg schlugen sich Menschen nicht wegen ihrer Hautfarbe, sondern aus sozial-rassistischen Gründen die Köpfe ein, fühlten sich cool, den Rechtsstaat anzugreifen, also das Fundament unserer Demokratie.Heimlich bejubelt von linken Medienmachern, steckten sie Autos in Brand und plünderten Geschäfte, die Symbole des deutschen „Schweinestaates“. Und später die Stuttgarter Innenstadt. Man braucht in Deutschland einfach nur weiß zu sein, um gehasst zu werden. Ich habe versucht, das meinen schwarzen Freunden in ihren Townships zu erklären. Der Hass auf weiße Polizisten ist hier bei vielen ausgeprägter als der auf einen schwarzen Klinikarzt im UKE.Man kann ihnen nur sagen, bleibt wo ihr seid, in diesem tief gespaltenen Deutschland werdet auch ihr nicht froh. Die weiße Mehrheit gönnt sich untereinander schon kein harmonisches Zusammenleben mehr. Ein bitteres Klima entstand. Doch warum das alles, was steckt dahinter? Wir sind getrieben von Ernüchterung und Zukunftsängsten, dass die Heilsversprechen globaler Wachstumsdoktrin nicht eingelöst werden. Schon bald werden zehn Milliarden Menschen im Kampf gegen die Natur unsere globale Biodiversität vernichten und damit unsere Lebensgrundlagen (schlichtere Gemüter wollen erst mal nur über „Klimawandel“ reden). Das tatsächliche Problem ist lange nicht mehr Schwarz gegen Weiß – das Problem ist Mensch gegen unseren Planeten. Die Abwärtsspirale. Egal, mit welcher Hautfarbe.
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