Der Hamburger CDU-Fraktionschef und Alstertaler Dennis Thering äußert sich zum Pandemiegeschehen – und zur Zukunft unserer Stadt. Mit dem jungen Landesvorsitzenden Christoph Ploß bildet er die neue Führung der CDU. Wird sie einem “Weiterso” entfliehen können und neue Akzente für die Stadt setzen, fragt ihn Wolfgang E. Buss. Hören Sie dazu den neuen Podcast.
Die Hamburger CDU musste in der vergangenen Bürgerschaftswahl eine riesen Schlappe hinnehmen: Mit nur 11,2 Prozent fuhr sie ihr bisher schlechtestes Ergebnis ein. “Wir hatten mit Verkehr – Hamburg ist noch immer die Staustadt Nummer 1 –, und mit Wirtschaftspolitik schon die richtigen Themen gesetzt, doch die Menschen haben uns nicht zugetraut, Hamburg gut zu regieren. Auch die Wahlkampagne ist nicht so gelaufen, wie wir es uns gewünscht hatten. Doch Chistoph Ploß und ich haben daraus gelernt und können es jetzt besser machen! In vier Jahren werden wir wieder ein besseres Ergebnis haben!”
Doch zur Zeit beherrscht Corona alle Themen. Thering spricht mit vielen Menschen der Stadt und erlebt die Menschen mit ihren Sorgen und Ängsten. Insgesamt sei Hamburg verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen, sagt er. Es gebe eben keine Blaupause zur Bewältigung so einer Krise. Aber es gebe auch schlechte Beispiele, so seien die Schulen nur schlecht durch die Krise gemanagt worden und die fehlende Digitalisierung sei fatal deutlich geworden. Insgesamt allerdings sei der Senat nur schlecht in die neue Legislaturperiode gestartet: Schleppende Auszahlungen der Coronahilfen bis heute, eine zweifelhafte Party mitten im Lockdown ausgerechnet des Innensenators, die bis heute nicht wirklich aufgearbeitet ist, Bestechungsvorwürfe bei den Grünen. Es sei aber nicht möglich zu sagen, alles sei schlecht gelaufen, einige Sachen habe der Senat auch richtig gemanagt. Doch die größte Herausforderung steht noch bevor: Die Wirtschaft nach Corona wieder zum Laufen zu bekommen.
Auch der Impffortschritt ist Grund großer Enttäuschung, lässt sich aber nicht allein dem Senat zuschreiben. Hier seien auch große Fehler bei der Impfstoffbeschaffung auf EU-Ebene die Gründe. Und die Virus-Mutationen hätten ihr Übriges getan. Doch diese Kritik hat er bereits auf den regelmäßigen Fraktionstreffen geäußert, der sogenannten “18-er-Fraktionsvorsitzenden-Video-Konferenz”, gemeinsam mit der Kanzlerin und dem Fraktionschef der Unions-Bundestagsfraktion. Normal findet dieses Treffen in Berlin statt, jetzt nur virtuell. “Wir können dort allerdings keinen direkten Einfluss auf die Kanzlerin nehmen”, so Thering etwas bedauernd, “vielmehr geht es hier um einen allgemeinen Austausch!”
Bei den Hamburgerinnen und Hamburgern herrscht noch immer eine große Verunsicherung vor, so Thering. Während seiner politischen Sprechstunden erfährt er mehr über die Sorgen der Bürger die keinen Impftermin zu bekommen, Menschen aus der Wirtschaft, die dringend auf die immer noch schleppend ausgezahlten Hilfsgelder warten, aber auch die große allgemeine Verärgerung über den Hamburger Senat komme zum Ausdruck. Wir versuchen dann schnell Hilfestellung zu geben, so Thering. Der Vertrauensverlust in die Politik ist enorm, Zukunftssorgen stehen im Vordergrund, möglicher Jobverlust, Menschen, die eine Immobilie erworben haben machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatzerhalt. Zurzeit ist die drohende Insolvenzwelle noch ausgesetzt, droht aber einzutreffen, sobald die ausgesetzte Insolvenzordnung wieder in Kraft tritt. Doch die Menschen sind auch gespalten: Die einen fordern härtere Maßnahmen – die anderen dringend Lockerungen.
Allerdings sind im wirtschaftlichen Umfeld der Pandemie nicht nur Verlierer zu beobachten. So macht der Online-Handel gewaltige Gewinne, Discounter und Drogerie-Märkte schwimmen nur so in Geld. Sie dürfen durchgehend öffnen – andere kämpfen ums Überleben oder sind längst Pleite. Auch das Handwerk boomt unverdient! Wird es hier einen Lastenausgleich geben müssen, um diese fatalen Ungerechtigkeiten abzufedern? Und wird endlich ein gerechtes Steuersystem inkrafttreten, dass es den Giganten der Branchen, wie Amazon, endlich unmöglich wird, beliebte Steuerschlupflöcher zu nutzen? Thering ist hier zurückhaltend. Corona-Mittel müssten jetzt helfen, ob es aber einen “Lastenausgleich” geben wird? “Aktuell steht das jetzt nicht auf der Agenda”, so Thering. Allerdings müssten Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Doch warum ist das nach 16 Jahren Merkel noch immer nicht geschehen? Die Menschen sind wütend, gegenüber diesem Unrecht? “Grundsätzlich ärgert sich die Kanzlerin auch darüber”, so Thering – und dann aber kommt der übliche Schwenk in die Verantwortungslosigkeit: Plötzlich sei es nun die Europäische Union, die hier noch im Wege stehe. Er selbst will sich aber für mehr Gerechtigkeit einsetzen. Es sei tatsächlich nicht erklärbar, warum der kleine Einzelhändler, der seit Monaten geschlossen ist – noch jeden Cent abrechnen und versteuern muss, während die Giganten vor Gewinnen nicht mehr gehen können. Wird sich der kleine stationäre Hamburger Einzelhandel nach Corona wieder erholen? Hier, so Thering, kommt es auch auf die Solidarität der Hamburgerinnen und Hamburger an. Werden sie ihn wieder besuchen, wenn er wieder öffnen darf? Während der Rot-Grüne Senat mitten in der Pandemie nichts besseres zu tun hat, als den Jungfernstieg endgültig für Autos zu sperren, so der Fraktionschef. Wer aus dem Umland in Hamburg einkaufen möchte, hat kaum noch eine Change. Und Online-Händler lachen! Die CDU-Hamburg will dazu zeitnah Alternativen erarbeiten.
Doch jetzt steht auch eine Bundestagswahl vor der Tür. Welche Themen wird die CDU dazu in den Vordergrund stellen? “An erster Stelle steht die Erhaltung der Arbeitsplätze nach der Krise. Wir müssen natürlich den Wissenschaftsstandort Hamburg – der noch immer deutlich unterfinanziert ist – in den Fokus stellen. Aber auch das Thema Mobilität wird uns beschäftigen, wir müssen mit neuen Antriebstechnologien in die Zukunft gehen”, so Thering. Auch der Klimaschutz stehe auf der Agenda, nicht nur bei anderen Parteien, aber eben im Einklang mit der Wirtschaft. Die Misere in der Hamburger Bildungspolitik ist durch Corona überdeutlich geworden. Hier will die CDU Verbesserungen. Wenn der Hamburger Schulsenator stolz berichtet, dass nun 95 Prozent der Schulen ans WLAN-Netz angeschlossen seien, ist das lächerlich. Das klingt heutzutage so, als würde er als Leistung hervorheben, dass alle Schulen schon elektrisches Licht haben! “Wir von der CDU wollen jetzt den digitalen Turbo zünden!”, so Thering. Nicht ganz selbstverständlich, hat doch die CDU-Kanzlerin die Digitalisierung in 16 Jahren radikal verpennt.
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