Kolumne von Wolfgang E. Buss

0
616

Perspektiv-Wechsel

Wir alle können das aktuelle politische Geschehen und die entsprechenden Protagonisten aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Schauen wir aus parteiinterner Perspektive, geht es fast immer darum, Mandate zu erringen und zu gewinnen. Man möchte an die Sonnenplätze von Macht und Einfluss. Oder auch nur an ein kleines Einkommen und manchmal möchte man auch etwas verändern. Dafür wird hart gestritten und gekämpft.

Wir können allerdings auch einmal aus neurowissenschaftlicher Sicht, also mit dem Blick der Gehirnforscher, auf die Akteure schauen. Aktuell beschäftigen sich Gedächtnisforscher mit Olaf Scholz. Er gilt vielen – das höre ich auch aus dem inneren Zirkel der SPD – als brillanter Denker mit exzellentem Gedächtnis. Die Interessierten müssen plötzlich beobachten: Der Mann hat in gewissen Phasen fatale Aussetzer. Ganze Gesprächsinhalte – wie mit dem Warburg-Banker Christian Olearius zum Beispiel – sind ihm abhandengekommen. Ähnliche Fälle traten auf im Zusammenhang mit dem milliardenschweren Wirecard-Skandal, der in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden sollte. Auch hier offenbarte der Finanzminister überraschende Gedächtnislücken. Immer, wenn es wichtig wurde, fehlten ihm Zusammenhänge. Würde der Neurowissenschaftler bereits eine frühe Demenz diagnostizieren? Wären diese Gedächtnislücken allerdings nur erschwindelt, „dann“ so sagen mir die Gehirnforscher, „sind wir raus“. In so einem Fall müssten die Wählerinnen und Wähler entscheiden, ob sie diesen Mann zum Bundeskanzler machen wollen.

Politik kann aber auch aus religionspsychologischer Sicht betrachtet werden. Religiöse Eiferer zeichnen sich bis heute dadurch aus, sich extrem auf einen Glaubensinhalt festzulegen. Sie glauben zum Beispiel an einen Gott, für dessen Existenz es keinen einzigen Beweis gibt. Trotzdem gehen sie dafür bis in den Tod. Die moderne Neurobiologie und Hirnforschung konnte das beschriebene Phänomen noch nicht final beantworten. Sicher ist, Religionen und ihre Götter entstehen im menschlichen Gehirn. Hier mischt sich in unterschiedlichen Hirnregionen der kognitive Verstand mit Glauben und Hoffen zu einem speziellen Hormon- und Botenstoff-Cocktail. Der kann Kraft verleihen und ebenso Schreckliches auslösen – selbst Religionskriege. Dieser Hormon-Cocktail macht muslimische Männer zu Taliban, die die Welt in ein Kalifat wandeln wollen, um diese dann vor Frauen und allem sonstigen Übel zu retten. Versuche, Demokratie und Toleranz in ihre Hirne hinein zu bomben, sind bekanntlich gescheitert. Aktuell bomben sie alleine weiter für eine bessere Welt – für wen?

Gibt es auch hierzulande Eiferer? Kämpfer gegen das Böse? Ja, beispielsweise Klimaaktivisten. Sie bekämpfen Klimaleugner und sind beseelt von der Idee, als Deutsche nicht nur die Menschheit, sondern den ganzen Planeten retten zu können. Das kommt einem bekannt vor: „Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen!“ Die hübsche Luisa Neubauer ist so eine Eiferin. Ihr Glaube, in 15 Jahren mit dem exakten 1,5-Grad-Ziel die Welt retten zu können, lässt religiöse Kräfte wachsen. Ihre breite Anhängerschaft reagiert zunehmend feindlich gegenüber Andersdenkenden. Wer nicht jeden Waldbrand als Zeichen der Klimakatastrophe anerkennt, wird zum Feind. Für das globale Klima brauchen wir aber keine „Feinde“ – weltweit benötigen wir siebeneinhalb Milliarden „Freunde“, die mitmachen.

Und das ist das Vertrackte: Die Aggressivität des Gutgemeinten schafft unnötige Feinde, die die Verwirklichung des gut Gemeinten verhindern werden.