Der erfolgreiche Harvestehuder Unternehmer Kemal Üres – Inhaber des La Paz, Caterer und Businessengel – hat auch andere Zeiten erlebt – unfassbares privates Leid, aus dem letztendlich eine langjährige Depression erwuchs. In seinem autobiografischen Ratgeber “Erfolg? Nicht ohne meine Seele!” schildert er seinen Weg aus der Krise, gibt Tipps und möchte anderen Menschen mit dem Buch helfen.
Wie kam es zu dem Buch und warum gerade jetzt?
Kemal Üres: Auslöser war Corona. Ich habe gemerkt, dass um mich herum in Harvestehude viele Menschen in sich eingefallen sind – das Erfolgreiche im Außen ist teils weggefallen und es kam eine innere Leere. (Pause) Ich will es mal ganz direkt sagen, bei uns mussten alle zwei Tage die Altglascontainer geleert werden, weil so viele Weinflaschen abgestellt wurden. Ich dachte, es kann doch nicht sein, dass diese Menschen alles nur im Außen aufgebaut haben, bis mir klar wurde, bei mir war es mit knapp 30 Jahren nicht viel anders. Weil ich beruflich weniger Stress hatte als sonst, habe ich meinen Lebensweg und die Bewältigung der Krise aufgeschrieben, um anderen zu helfen sich zu befreien. Ich weiß ja, wie lange ich damit rumgedoktert habe.
Wie lange war es denn?
Gut 15 Jahre. Ich habe es mit Tabletten versucht, bin aber immer mehr verkümmert, bis ein Freund meinte, du schaffst es nicht alleine, du brauchst eine Therapie. Auch das war ein langer Weg, aber letztendlich der richtige.
Einen der Gründe beschreibst du ja im Buch. Wie du als Migrantenkind wahrgenommen wurdest. Was hat das mit dir gemacht?
Ja richtig, in der Schule war ich ein Nichts, zuhause ein kleiner Held. Man lebt gefangen in einem Ghetto, geht zur Schule und schämt dich für alles – die Herkunft, die Eltern, dafür dass man kein eigenes Zimmer hat, einfach alles und man merkt ganz stark, man gehört nicht dazu. Man ist nichts wert. Es kamen noch weitere private Gründe dazu, so dass dann mit Mitte 30 die Bombe hochging. Ich hatte alles. Erfolg, Frau, Kind, Wohnung mit Blick auf die Elbe, dicke Autos in der Garage … Aber alles war im Außen, im Inneren war ich leer.
In deinem Buch beschreibst du es mit dem Satz „Der Erfolg war für mich kein Feuerlöscher mehr“. Was hat dir geholfen da wieder rauszukommen?
Reden. Man denkt immer, reden bringt nix. Doch es wirkt wie kleine Infusionen, die irgendwann zu einem großen Garten werden, aus dem man schöpfen kann. Es braucht viel Zeit, fügt sich dann aber. Etwa in einer Therapie, die ich leider viel zu spät begonnen habe. Das ist so mit das einzige, das ich in meinem Leben wirklich bereue. Hätte ich bloß mit Mitte 20, als es richtig losging, schon eine gemacht. Dann wäre vermutlich vieles leichter gewesen. Aber ich habe Tabletten genommen und einen betäubenden Filter draufgelegt, damit ich weitermachen konnte. Ein weiterer wichtiger Punkt, der mir geholfen hat, waren die Gespräche mit mir selbst …
Mit dir selbst?
Ja, ich habe angefangen, mir Fragen zu stellen. Darauf muss man sich nämlich auch Antworten geben. Und das ist entscheidend. Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig Leitfragen im Leben sind. Aus diesem Grund gibt es auch unter jedem Kapitel welche, die sich die Leserinnen und Leser beantworten können. Man kann lesen was man will, solange man sich die Fragen nicht selbst beantwortet, hat man nur Antworten anderer Menschen.
Die eigenen sind wahrscheinlich schwer zu finden, oder?
Ja, deswegen machen es ja die wenigsten. Der Prozess ist auch nicht einfach und viele wollen oder können nicht tief in sich hineingucken. Weil zu viel oben drauf liegt. Aber irgendwann fällt einem alles auf die Füße und je später desto schmerzhafter ist es. Erkenne dich selbst und sei vor allem authentisch. Sonst besteht die Gefahr, dass man immer nur ein Spiel spielt.
BUCHTIPP:
Was ist Erfolg im Außen wert, wenn man ihn im Inneren nicht zu schätzen weiß? Nichts! Kemal Üres hat es erlebt und schildert es in seinem autobiografischen Ratgeber. Was hat ihm geholfen? Therapie und reden, reden, reden … In mehreren Kapiteln mit Leitfäden gibt er Anregungen und Tipps, damit es anderen nicht passiert.
Kemal Üres, Erfolg? Nicht ohne meine Seele!, ET. 01.12., gebunden, 176 Seiten, 19,50€
Aufmacherfoto: Man kennt Kemal Üres als Gastgeber im La Paz, das er mit viel Fingerspitzengefühl runderneuert hat. Doch in Multiunternehmer Kemal Üres steckt noch viel mehr: mit Daily You, seinem Unternehmen für gesunde Gemeinschaftsverpflegung, beschäftigt er rund 120 Mitarbeiter und lässt täglich 6.000 Essen frisch produzieren und ausliefern. Mit Eisberg-Seminare betreibt er ein sehr erfolgreiches Institut für Weiterbildung und ist selbst als Mental Coach und Business Angel für andere Unternehmer aktiv. © Kemal Üres