Ein Antrag der CDU Alstertal führt uns in die Bronzezeit. Denn es geht um die „Rettung eines historischen Steingrabes“ – inzwischen ein Häufchen Steine – auf dem Gelände der Stadtteilschule Poppenbüttel im Poppenbütteler Stieg – die liegt übrigens in Hummelsbüttel.
In den Jahren 1962 und 1963 gruben Archäologen mehrere Wochen lang – heute kaum vorstellbar – auf Feldern des Bauern Ruge neben der Alten Landstraße nach den Spuren unser frühen Vorfahren aus der Bronzezeit. Grund, die Felder sollten nach und nach bebaut werden und so musste schnell gerettet werden, was sich unter der Oberfläche befand. Bereits 1937 gab es erste Grabungen an der Stelle.
Ein lohnenswertes Terrain, denn laut Experten spielte die Region rund um den Alsterlauf vermutlich eine viel größere Rolle in der frühen Besiedlung Hamburgs, als die viel größere Elbe. So gab es auch diesmal etwas zu Begutachten. Eine „Steinsetzung mit einem Durchmesser von 12 m und einem inneren, fast vollständig mit Steinen ausgelegten Steinkreis von 7 m Durchmesser. Diese Steinpflasterung bedeckte mit zwei bis drei Steinlagen eine Steinkammer, in der nur noch sehr schwach ein Leichenschatten zu erkennen war […] An einem Ende wurde ein Mahlstein gefunden, Bronzegegenstände wurden keine geborgen“, geht aus den archäologischen Grabungsberichten hervor. Mehrere Zeitungen berichteten damals, „Im Steingrab lag ein armer Quiddje“ schrieb etwa die BILD am 28.11.1962.
Was aber sollte nach der Grabung mit den Steinen passieren, bevor die Bagger anrücken? Ein Zufall half: „Daß es sozusagen in letzter Minute gelungen war, auf dem bedrohten Gelände die drei aus dem Üblichen fallenden Grabanlagen bergen zu können, haben wir als einen besonderen Glücksfall betrachtet. Das Grab III, vorab die schöne und so exakt gebaute Steinkiste, hat bei den vielen Besuchern unserer Grabung helle Freude und Erstaunen hervorgerufen. Wir hätten uns tatsächlich nur schwer entschließen können, dieses seltene Denkmal der Vorzeit zum Steinhaufen zu machen. Da fand sich zu unserer Freude der Leiter der nahegelegenen Schule „Am Poppenbütteler Stieg“, Herr Hoffman, bereit die Anlage auf das Schulgelände zu überführen. Die Steinkiste wurde auseinandergenommen und nach sorgfältiger Nummerierung der einzelnen Steine im Schulhof wieder aufgebaut, freilich mit einigen für das Verständnis der Schulkinder nötigen Korrekturen, wie der Ergänzung des äußeren Steinkreises und der Fortlassung des größten Teils der zentralen Steinpackung“, schreibt Dietrich Bohnsack*.
Wie schön es einmal ausgesehen hat, zeigt das Foto und ein Film des NDR, der kürzlich in die ARD-Mediathek gestellt wurde (Link siehe unten). Den hat der CDU-Poltiker Wolfgang Kühl zufällig entdeckt und sich aus Interesse das „Grab“ vor Ort angeschaut. Obwohl es in der Denkmalliste der Stadt geführt wird, fand er nur noch einen Steinhaufen vor. Unter anderem, weil Platz für ein Fahrradständer benötigt wurde. Der Schule will er keinen Vorwurf machen, findet aber, dass „wenn man in den Stadtteilen eine solche Historie hat, diese auch erhalten werden sollte.“ Aber es bestehe die Gefahr, dass es ganz verschwinde. Das müsse verhindert werden, alleine schon deswegen, weil die Geschichte gut im Unterricht behandelt werden könnte, so Kühl. Deswegen hat der Regionalausschuss Alstertal auf Bestreben seiner Partei in der Bezirksversammlung Wandsbek einen Antrag auf „Rettung des historischen Steingrabes“ gestellt. Der wurde auch angenommen. Ergebnis offen.
Und die Schule? Sie teilte auf Nachfrage mit: „Von schulischer Seite aus gibt es keine Denkmalpflege oder Ähnliches, da der Schule bisher keine tiefergehenden Informationen vorliegen.“ Außer, dass das Grab ein Nachbau sei und dass sich das ursprüngliche/originale Grab im Museumsdorf Volksdorf befände. Was ja nicht stimmt. Aber immerhin: „Die Schule würde es begrüßen, das Grabmal inhaltlich mit in den Gesellschaftsunterricht aufzunehmen, da es einen Lebensweltbezug darstellt und daher das Interesse der Lernenden wecken kann.“ Schön wäre es. Kai Wehl
HIER geht es zu dem Film aus der ARD Mediathek, der Anlass für die Anfrage von Wolfgang Kühl gewesen ist.
*(DIE KUNDE, Mitteilungen des Niedersächsischen Landesvereins für Urgeschichte, neue Folge 25, Jhrg. 1974).
Und Großer Dank gilt Kay-Peter Suchowa vom Archäologischen Museum Hamburg für seine freundliche Unterstützung.