Die Ohlendorff’sche Villa: Ein Ort der Erinnerung

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Mit einem Festakt am 30. August 2014 begann der Start der Ohlendorff’schen Villa als Stiftung. Wir werfen einen kleinen Blick auf die Geschichte des Denkmals.

Reichtum und Anerkennung
Die Geschichte der Ohlendorff’schen Villa beginnt in der dritten und letzten Generation der Ohlendorffs.  Es sind aber bereits der Spürsinn und Patriotismus der zweiten Generation, die den zukünftigen Bau der Villa ermöglichen. Als Sohn des Stammvaters und Botanikers Johann Ohlendorff sieht Heinrich Ohlendorff gemeinsam mit seinem Bruder Albertus die Chance im Handel von Guano, ein wertvolles Düngemittel, und verhilft seiner Familie so zu Reichtum. Heinrich und seine Frau Elisabeth ermöglichen sich dadurch, von Architekten Martin Haller, ein Jagd- und Sommerhaus in Volksdorf. 

Das Ur-Gelände der Ohlendorff’sche Villa ist geboren. Elisabeth und Heinrich Ohlendorff bringen insgesamt zehn Kinder zur Welt, wobei Hans, von seiner Mutter liebevoll “Hänschen” genannt, früh seine zwei einzigen Brüder überlebt hat. Infolgedessen wird er in die Handelsgeschäfte seines Vaters gedrängt, die er nur mühsam fortführt. Seine eigentliche Leidenschaft gilt neben der Musik, den Prinzipien der Freimaurerei, einem Bund, das entgegengesetzt von Politik oder Religion, Wert auf persönliches Wachstum und den Dienst an der Gesellschaft legt. 

Die Terrasse knüpft nicht an den Garten an. Wer aus dem Haus in den Park will, muss außen herum gehen.

Die Villa als Zuflucht 
Nach dem Tod seiner Eltern wagt Hans Ohlendorf einen Neustart, indem er deren Gutshaus abreißen und vom, zu der Zeit in Hamburg, angesehenen Architekten Erich Elingius die heutige Ohlendorff’sche Villa errichten lässt. Das Freimaurer-Motto „Habe immer etwas Gutes im Sinn“ steht seither nicht nur an der Innenseite der Haustür geschrieben, sondern zieht sich auch wie ein Leitfaden durch Hans Leben. 

Die Villa bildet eine Symbiose aus Einfamilienhaus und Repräsentationshaus. Steht man vor dem Gebäude, lässt sich eine leichte Scheinsymmetrie erkennen. Für Freimaurer gilt die Symmetrie symbolisch als Ausdruck der Ordnung in der Natur und der Menschheit. Das 400 Quadratmeter große Anwesen ist der ideale Ort für geheime Zusammenkünfte der Freimaurer, die so in den frühen 1930er Jahren auch stattfinden. Der achteckige Empfangsraum, auch Oktogon genannt, verschafft Gästen einen Durchblick in alle Räume. Das heutige Wiener Kaffeehaus hat seinen Ursprung im Esszimmer. Dort befindet sich die sogenannte Apsis, eine Erhöhung im Raum, die den Sitz des Hausherren bildet. Es ist anzunehmen, dass durch gemeinsame Mahlzeiten die Brüderlichkeit und Gleichheit unter Hans und seinen Anhängern gestärkt werden sollte. Die heutige Bibliothek nutzte Hans Ohlendorf als Wohnzimmer und Veranstaltungsort für Konzerte. Auch Freund und Komponist Max Reger soll am Flügel musiziert haben. Wohnort für den alleinstehenden Junggesellen bildete das Obergeschoss, dessen Zentrum das Frühstückszimmer war und ebenfalls in Form eines Oktogons erbaut war. Als weiteres besonderes Merkmal im Obergeschoss zählt die Stempel Musterung, die auf den ersten Blick wie eine Tapete erscheint, jedoch durch Handarbeit an die Wand gebracht wurde. 

Die Symmetrie des Hauses ist nur unmittelbar vor dem Eingang zu erkennen.

Hans im Glück
Hans Ohlendorff spendete großzügig an Arme, Kinder und Kranke. Der Junggeselle lebte bis 1945 in dem Haus, das nach Kriegsende von den Engländern enteignet und als Offiziers-Kasino genutzt wurde. Nach Rückgabe verkaufte Hans Ohlendorff das Gelände 1950 an die Stadt Hamburg, welche es von 1953 bis 2006 als Ortsamt nutzte. 

Der Freimaurer zog in die Stadt und starb 1967 nach einem Autounfall. Vom großen Familienerbe blieb am Ende nicht mehr viel übrig. Heute erinnert die Villa an den einstigen Wohltäter und Freigeist und wird seit 2014 von der gemeinnützigen Stiftung „Ohlendorff‘sche Villa“ verwaltet. Michelle Vicente

Bilder: © R.F. Schmiedt/ Hamburgisches Architekturarchiv